Bergisch Gladbach zum Eibsee

Moin,

Bergisch Gladbach zum Eibsee

Prolog

Ein Freund hat die Idee von seinem Wohnort aus an die Nord, Süd, Ost und West-Grenze der Republik zu radeln.
Nun West hatte er schon. War vom Bergischen ja auch nicht weit. Süden war jetzt dran. Bis zum Eibsee und da dann baden. Im Mai. Klang gut. Ich hatte Zeit und Schloss mich an. Nach dem Vatertag sollte es los gehen. Da ich nicht mehr arbeite fielen meine Radfahrten zur Arbeit weg. Jetzt gehe ich ja das meiste zu Fuß. Ich wollte also noch trainieren. So gute 150km kamen zusammen. Dann kam doch nochmal Corona. Ich war platt. So richtig platt. Der „Einstrich“ Modus kam erst zwei Tage vor dem geplanten Start.
Am Vatertag noch schön das Treckertreffen in Brockstedt mitgemacht. Dann mit dem Auto nach Bergisch Gladbach. Eine Nacht beim Kumpel geschlafen und dann...
Tag1 108,5km



Es ging kurz vor Acht los. Der erste Tag sollte knappe 110km bieten. Im wesentlichen Flach. Entlang vom Rhein und so Sachen. Na dann. Für mich ja direkt eine Herausforderung.
Bevor es zum Bach ging kamen wir noch an der Wahnerheide vorbei. Dort wird von einem anderen Freund immer eine Ultrawanderung veranstaltet. Es gab also reichlich zum schnattern und so rollten die km unter uns hindurch.
Bei Bonn Beul ging es über den Rhein. Ab da ging es fix platt entlang am Bach. Wobei. In Bad Godesberg bogen wir mal hang aufwärts ab um einen Bäcker zu finden. Wir fanden. Brötchen und Kaffee. Das muss auch mal sein. Nach 2,5std und 38 da darf man mal. Weiter ging es Rehmagen, Ahrtal. Orte unterschiedlicher Historie. Im ersten gab es nach 52km dann nochmal eine längere Pause mit Getränk und Popo lüften.
Der nächste Halt war dann erst bei Canyon. Kurz nach der Überquerung der Mosel ging es rechts Weg zum Fahrhöcker der hochpreisigen Dinge. Ich hatte schlauer Weise nur einen Radhandschuh eingepackt und wir dachten da gibt es vielleicht. Gab es aber nicht. Nur so ungefütterte Dinger. Und die auch noch teuer. Lars schaute ein wenig rum. Es gab im angeschlossenen Kaffee einen ebensolchen und ein Stück Kuchen. Dann die letzten 10km zum Hotel.
Das Hotel war fein und so gelegen, dass der Bach vor der Tür war und die Bahn direkt durch das Zimmer liefen. Daher lag auch dem Nachttisch auch schon ein Päärchen Oropax. Lustig. Ich war müde und brauchte das Zeug nicht.
Tag 2 56,3km



Frühstück im Kreise von gefühlt hundert Bikern, die noch nach uns das Hotel erreicht hatten. Ich bin sonst im Leben quasi weg vom Frühstück, aber wo dann doch strampeln das Tageswerk sein soll, da hab ich dann auch einiges reingefüllt in den alten Körper. Das Frühstück hielt bis km 22 bzw knapp 80 min. Dann war die erste Pause. Schön was trinken und über den Rhein glotzen. Nun ja, war zu kurz wenig später in St. Goar musste es dann ein lecker Erdbeerbecher mit einer Tass Kaff sein. War ja kein Rennen, sondern eine Urlaubstour. Da darf man auch häufiger einkehren.
Die gleiche Strecke nochmal war dann auch schon bei km 56 Schluß. JH in Bingen war der Ort des Nachtlagers. Aber bei nur 4std. Im Sattel kam natürlich noch ein Stadtbummel dran. Und weil Lars meinte ich könne nicht sterben ohne Rüdesheim gesehen zu haben, fuhren wir mit der Fähre rüber. Sahen uns den Tourismustempel aka Drosselgasse an und verzichteten auf weiteres Eis. Zu teuer da. Die JH war deutlich über dem Standard vom Hotel. Aber auch vergleichbar teuer. Die Zeiten in der Jugend wo man da mal preiswert pennen konnte, die sind wohl wirklich vorbei.




Tag 3 112,8



Ordentlich Frühstück gegessen. Dann rauf auf den Sattel. Erstmal vom Berg der JH runter rollen. So kann ein Tag beginnen. Dieser Rollstart hielt dann den Schwung bis fast km30 in Nieder Olm wurde am Marktplatz beim Bäcker dann das zweite Frühstück eingeworfen. Das war gut und wichtig. Streckenunkundig wie ich war überraschte mich dann der erste echt gemeine Anstieg dieser Tour. Aus dem Dorf raus ging es nur stramm bergan. 100 und ein paar zerquetschte Höhenmeter. Nix echt dolles. Ich aber merkte dort, das Corona doch ein wenig an mir gesaugt hatte. Nun ja, Bange machen gilt nicht. Also Kette links und hoch.
Bis km 52 hielt ich durch. Dann war mit Rheinblick wieder eine Pause notwendig. Am heutigen Tag, war das leider noch nicht mal die Hälfte der Strecke. Grummel. Aber es ging wieder platt am Bach entlang. Der eine Hügel war durch.
Km 62 und 76 brachten weitere Pausen in Geresheim und Einhausen. Heute war Pause machen Thema. Wie erwähnt es war ja Urlaub, kein Rennen. Von 76 wurde dann bis zum Endstand knapp über 110km durchgefahren.
Leider haben wir am Ende einen Abzweig verpasst, so das wir über eines sehr holperige Uferweg fuhren bis wir den Bach verlassen haben um dann durch das Klinik Gelände in Heidelberg zurück zur JH zu fahren. Die JH ist ein Monster. Riesig. Ich war platt. Gemacht hab ich da nix mehr.


Tag 4 41,2km



Wieder lecker Frühstück. Diesmal noch mehr als sonst. War doch klar, nach ein wenig rollen durch Heidelberg käme der erste echte gemeine Berg. 15% angeblich über 2-3km. Am Ende waren es fast 8km Anstieg. Nicht immer mit 15%. Aber bitter für den untrainierten Hamburger Flachlandradler. Was hab ich geölt. 400 Höhenmeter. Ja, das klingt nicht nach viel. Ich habe es dennoch übelst gespürt. War aber auch stolz als ich oben war.
Anders als beim Wandern schenkt einem das Rad dann ja auch ein wenig Leichtigkeit wenn der Hügel am Ende wieder verlassen wird. So ballerten wir mit Spitzenwerten im Bereich 50km/h Richtung Sinsheim. Dem Tagesziel. Es sollte ja noch einen Exkurs ins Museum dort geben.
Schon lustig was die da alles an Technik hingestellt haben. Concorde und Tupolev, Autos und auch einiges an Rennrad Geschichte. Fast 4Stunden schlichen wir dort rum.
Dann in ein Rasthaus zum Löwen ein Dorf weiter. Standort an meinen Sproß gesendet. Der kam dann noch von Karlsruhe auf ein „Hallo Erzeuger“ rum. Gemeinsames Futtern und Austausch von Neuigkeiten.



Tag 5 81,5km



Futter rein und los. Dieser Tag war gemein zu mir. Ständig galt es 100-200 Höhenmeter zu gewinnen um diese gleich wieder zu verlieren. Insgesamt 7 echte Kuppen und nahezu unzählige kleine Zacken zeigt der Track. Und das bei einer in meinen Augen ansprechenden Gesamtstrecke. Ich war mächtig stolz.
Landschaftlich war es heute nicht so toll. Doch viel durch Stadt oder Dorf. Allein Ludwigsburg hat mich etwas genervt. Und das war nicht die einzige Bebauung die wir durchfuhren. Vermutlich wären mehr Feldwege und Schotter an diesem Tag allerdings mein Untergang geworden. So gesehen dann wieder gut.
In Winterbach haben wir Quartier bezogen. Nicht ohne in den Augen des Vermieter einen Fauxpas zu begehen. Er pries sein Frühstück an. Insbesondere die Wurst und Fleischhaltigkeit wurde hervorgehoben. Wir meinten Süss wäre mehr so unsere Welt. Beim Bummel durch den Ort sahen wir unsere Unterkunft dann von der anderen Seite. Der Vermieter war Metzger. Klar der mag „süsse“ Gäste nicht so. Egal.

Tag 6 79,2 km



Wir aßen in der Tat nur süss, wurden vom Metzger aber nicht gemeuchelt. Im Gegenteil er wollte wohl das Süsse loswerden und meinte wir sollen uns noch Brötchen für den Tag machen.
Das Tagesende lag ca. 300 Höhenmeter höher als der Start. Aber es gab keine großen Wellen. Es war nahezu ein seichter 80km Anstieg. Kaum zu spüren, was mir gut tat.
Der Hintern allerdings meldete sich doch sehr deutlich. Ich beschloß in Ulm, wo der heutige Tag enden sollte, einmal zu versuchen eine andere Radhose zu kaufen.
Ulm brachte zunächst dann noch eine nette Abfahrt, dann aber einen Schlußanstieg zur Jugendherberge. Diese war auch die traditionellste der Tour. Mit Gemeinschaftsdusche und so. Die anderen waren eher Hotel. Nun könnte man denken, dann war die auch günstiger. Na, so weit gehen die dann nicht. Der Preis war nahezu identisch.
Mit der Straßenbahn ging es dann nochmal in die City. Ulmer Münster, Salat und eine Radhose. Andis Radladen oder so. Wirklich gute Hose. Die hat mir die letzten Tage sehr geholfen. Das mal vorweg. Allerdings ist es eine Konto unfreundliche Radhose gewesen. Ich hab lange keine Radsachen mehr erworben und 135 Euronen für eine Hose (kurz, keine Träger) das ist schon ein respektabler Wert.


Tag 7 80,1 km



Schöner Start nach dem Frühstück. Es rollte fein vom Berg herab. Das ist irgendwie schon immer fein, wenn die ersten km nicht gleich strampeln sind. Über den Tag verteilt sollte es einige Wellen geben, die aber interessanter Weise nicht so böse waren. Mag sein, ich habe endlich so was wie einen Trainingseffekt zu spüren bekommen? Training während der Tour ist ja das Beste überhaupt, oder? Egal. Es ging ganz gut und die Hose nahm auch einiges vom Popo Aua weg. Bad Wörischofen war das Tagesziel. Papa Kneipp ist dort wohl die Kultfigur schlechthin. Wir sind den Tag über ordentlich am Gas geblieben, die Wetter App sagte etwas von Regen für den späteren Tag. Aber noch war es trocken.
Das Hotel war lustig. Kurhotel. Waren auch primär alte Leute – wir, bzw ich passe ja auch in das Schema – unser Zimmer war allerdings in einem Nebengebäude. Einem Wohnhaus wo das Hotel eine Etage umgewandelt hat. Sachen gibt das. Zum Abendbrot habe ich beim echten Italiener todesmutig eine Pizza Hawai bestellt. Das dürfte eine der riskantesten Aktionen dieser Fahrt gewesen sein.
Tag 8 99,6km



Frühstück. Man ahnte es schon. Irgendwie ging es ja immer so los. Laut Koomot sollte dieser lange Tag einiges an nicht zu unterschätzenden Wellen in sich haben. Lustig. Weil in der Aufzeichnung nichts davon zu sehen ist. Auch gefühlt war es eher ein flacher Tag. Er fing mit Regenklamotten an. Allerdings nicht mit heftigem sondern mit leichtem Regen. So das der aus meiner Sicht eher in die Ecke, mal nicht so heiß ein zu sortieren war. Aufgrund des dann doch flachen Strecken Profils ging es flott voran. An einer Stelle mussten wir durch einen Filmset radeln. Keine Ahnung was die da gedreht haben, aber wir hatten wohl Glück, eigentlich durfte man nicht durch, was für uns übel gewesen wäre. So Autobahn Unterführungen sind halt nicht so häufig gesät, wir hätten wohl ein paar km zustäzlich bekommen.
Insgesamt ein entspannter Tag mit interessanten Gedanken. In der Ecke jetzt, kurz vor Garmisch, war ich ja häufiger mit dem Auto. Allein zu den Karwendel Querungen. Nun plötzlich mal mit dem Rad. Ein doch komisches Gefühl. Was ich jetzt alles zum ersten mal so richtig sehen konnte. Autofahren ist einfach zu fix.


Tag 9 25km



Nach dem Frühstück, wieder in praller Sonne, ging es auf die Bonus Meile hoch zum Eibsee. Zunächst auch harmlos durch das Tal, dann der Anstieg. Über den Wanderweg. Das war Steil. Lars war weg. Ich wurde von allem was da war überholt. Aber ich blieb im Sattel und musste nicht schieben. Im Gepäck die Badehose. Das war ein Antrieb.
Oben dann noch ein paar Meter wieder runter zum Teich. Kleiner Strand. Umziehen. 14Grad. Zwei Runden schwimmen unter den Augen verwirrter Asiatischer und Amerikanischer Touristen. Egal. Herrliche Abkühlung. Tolles Wasser. Dann wieder runter in der Gewissheit auf dieser Tour nicht mehr weiter radeln zu müssen. Fast 70km/h brachte die Abfahrt über die Landstraße. Zum Glück ohne Sturz bedingten Spontan Gewichtsverlust durch Abrasive Oberflächen.
Damit es nicht langweilig wird wurden dann die Füße angeschraubt und wir daddelten noch zur Ski-Schanze machten Fotos, latschten zur Patnachtalklam und zwängten uns mit tausenden von anderen Pfingsttouristen durch den Wassernebel.




Epilog

Regionalbahn und zwei ICE brachten uns zurück. Die Bahn war an dem Tag kaputt. Oder anders ausgedrückt, alle Anschlüsse klappten und wir waren pünktlich am Zielort. Das kann nicht normal sein, da müssen Dinge arg schiefgelaufen sein im DB zentral Computer. Für mich hieß in Bergisch Gladbach dann Satteltaschen ab, Rad in den Kofferraum, Zündschlüssel rum und ab nach Hamburg. Dort rollte ich um Mitternacht auf den Hof. Ein langer lustiger Tripp war zu Ende. Ganz zu Ende? Nein, die nächsten Tage brachten noch müde Beine. Das war spannend, weil die in der Entspannung dann deutlich schlapper waren als auf der Tour.

Nachgedanken:

Die Tage danach die Erkenntnis, dass ich wohl doch eher der Wanderer bin. Radfahren ist toll. Es werden weitere Strecken überdeckt, aber man hat ein Rad dabei. Das eher kompakte Set Up beim Wandern liegt mir wohl doch besser. Vorgeplant ist wohl auch nicht so meins. Beim Wandern und übernachten im freien -ja das ginge auch mit dem Rad – bin ich flexibler. Das liegt mir doch sehr. Einfach treiben lassen. Mal sehen ob sich das über die Zeit so hält.
Gesundheit, tja, zwei Tage nach einer Cornoa Infektion die mich richtig umgehauen hat auf so eine Tour zu gehen ist definitiv nicht schlau. Allerdings war vieles was ich bisher gemacht habe nicht so schlau. Hat aber Spaß gemacht, so wie das hier. Dennoch spüre ich das mich das hier sehr ausgelaugt hat. Pumpe und Lunge fühlen sich gut an, aber so richtig klar war es nicht, dass das so sein würde. Daher wäre mein Rat an die Schlauen da draußen: Nicht nachmachen. Das kann auch anders ausgehen. Auch hier bin ich gespannt, ob ich vor einer möglichen nächsten Tour diese schlauen Gedanken noch haben werde.