08.04.09
Dieser Bericht fängt an noch bevor ich auf der Treppe war. Warum? Weil die Treppe bereits seit Wochen meinen Kopf unsicher macht und ich das irgendwie mal rauslassen muß. Ein Bericht ist dafür immer ganz gut. Die Dinge stehen dann da und der Kopf ist wieder frei.
Was also treibt mich um? Ich bin ja nicht bekannt für übermäßiges trainieren aber für regelmäßiges ankommen. Das sollte eigentlich ein schönes Ruhepolster sein. Den trainiert habe ich, wieder nicht übermäßig, aber immerhin. Damit sollte auch ein spätes ankommen wieder gesichert sein. Aber…. Für die Treppe bin ich mal 4,5 Stunden Treppengelaufen… da fehlen noch 19,5Stunden. Also der größere Batzen… und genau da wird der Geist unruhig. Ist dieses Spiel nicht etwas sehr gewagt? Auch bin ich die 4,5 Stunden nicht wie ein junger Floh über die Treppen gehüpft und dachte am Ende nicht: Mensch, war ja easy, schade das ich schon aufhöre. Nein es war am Ende so, dass es zwickte, die Muskeln schon länger über den Sinn solcher Belastung, die Erfindung von Fahrstühlen und die in ca. 8 min Abständen wiederkehrende Chance ins Auto zu steigen, die Sitzheizung anzustellen und einfach etwas zu tun, was nicht so anstrengend ist nachdachten.
Nur mein bekannter Dickschädel verhinderte vorzeitiges abbrechen. Soll ich also in guter alter Manie den Kopf vorschieben und sagen: Du machst das schon? Sinnvoll bzw. bzw. Chancenreich klingt das nicht. Nur habe ich auf der anderen Seite keine Alternative. Es sind nicht mal mehr 4 Wochen. Was jetzt nicht an Muskeln gewachsen ist, das wächst auch nicht mehr. So sitze ich jetzt hier und denke über den Lauf nach. Anfangen ist ja nicht das Problem. Und dann ist die Frage: Wann kommt das Ende. Ich habe keine echte Abschätzung. Ursprünglich ging ich von einem zeitbedarf von 24Std. aus. Genau dem Zeitlimit. Bisher bin ich mit dieser Einschätzung immer gut gefahren. Zieleinläufe kurz vor knapp ohne Puffer kenne ich also.
Also: wieder keine Problem, oder? Doch. Denn ich war schon mal in Radebeul. Ich war auf der Treppe. Jener Treppe. Der hundertfachen Treppe. Gerade. 397 Stufen. Fies. 10 mal rum. 2:10. Also so ca. 13min pro Runde. 14:24 ist die Zeit, die ich durchschnittlich brauchen darf. Lässig. Mit den 13min im Schnitt für die ersten 10 Runden habe ich mir einen soliden Puffer erlaufen. Im Mittel darf ich nun pro Runde 9sekunden länger brauchen um noch in 24 Stunden das Ziel zu erreichen. Zahlen wie diese treiben mir den Schweiß in die Kniekehlen. Eigentlich habe ich also KEINEN PUFFER! Jede Pause die ich machen würde zwingt mich in schnellere Runden, die ich nicht laufen kann ohne das die Beine platzen. Cool. Das sieht nach einer richtig engen Wurst aus.
Ich denke jetzt ist allen klar warum ich den Lauf bereits jetzt permanent im Kopf bewältige. Szenarien. Es geht um Szenarien. Was ist wenn. Welche Ziele soll man sich setzen. Klar 100 Runden in 24Stunden irgendwie zu schaffen. Gern ohne entspannten Gesichtsausdruck, soviel ist schon mal klar. Aber schaffen. Ja das wär gut. Sieht aber mies aus. Plan B? 24Stunden treppeln und so viele Runden wie geht. Klar, klingt gut. Ist auch eine offizielle Wertung. 24 Stunden Lauf eben. Kennt man ja. Wobei eben Mann ja, ich nicht. 15Stunden laufen – platt, ohne Treppen – das kenne ich. Und am Ende sah ich nicht mehr aus wie das blühende Leben. Hier also mit Treppen und 9 Stunden länger. Klingt eher knapp, oder? Nun denn, was wenn es „nicht mal“ zu 24 Stunden reicht. Minimal Ziel definieren? Ha, jetzt lugt aber fix das Risiko um die Ecke. Minimalziele haben das große Problem, das deren NICHT Erreichung ein köpfliches Desaster zur Folge haben kann. „Bin ich lasch, nicht mal die Minimalmarkierung erreicht“. Risiko ich hör Dir trapsen.
Also ein erreichbares Minimalziel finden. Loslaufen. Eh, das klingt gut. Das sollte ich schaffen. Mein Ziel ist also nach dem Startschuß nicht stehen zu bleiben. Das bekomme ich hin. Vielleicht ein bisschen mehr. Klar doch, jetzt wo ich weiß: Mein Minimalziel ist machbar kann bitte der Übermut wieder kommen. Also. Stufenweise weitere sekundäre Minimalziele. 10, 20, 30, 40, 50 Runden. Das klingt gut. 50 Runden. Sicher schon ein echter Brocken. Versteckt sich doch hinter dieser Zahl der erste Marathon. Mit 4400 Höhenmetern. Viele Hobbysportler würden dies bereits ein Ziel nennen. Und bin nicht auch ich im tiefen meiner Seele ein Hobbysportler. Muß wohl. Ich bekomme kein Geld, ich muß um die Freigabe von Zeiten für das Training zu Hause kämpfen und auf meiner Kleidung stehen nicht die Namen von Saftherstellern, Stromanbietern oder anderen Konsumgüterproduzenten. Ja ich bin ein Hobbysportler und werde sowat von Stolz sein, wenn ich 50 Runden geschafft habe. Die Zeit danach werde ich künftig als Kür bezeichnen.
Dies alles sollte Beleg genug für den legendären Satz sein: Wäre Joggen einfach, so hieße es Fußball. Joggen und seine mentale Vorbereitung sind eben eine Sache für sich. Den Ball (oder für die Hundesportler unter uns, den Hasen) als Köder sieht man nicht. Permanent muß man sich den eigenen Köder vor Augen halten. Unsichtbar, nur durch schiere Willenskraft gebildet wird dieser Köder virtuell vor den Augen des Joggers eingeblendet. Ihn zu erhaschen wird für Stunden zu seinem einzigen Streben… Liebe Treppe, ich werde also kommen. Meinen Bistro Panzer in deiner unmittelbaren Nähe parken, wie gewohnt eine Schlafkur auf der Ladefläche durchführen und mich ungeduscht an Deinen Startbereich begeben. Danach übergebe das weitere Geschehen an ein Komplexes Gemisch aus Neurotransmittern, Fettstoffwechsel und Laktatbildung. Sollte ich wieder erwarten irgendwann in diesem chemischen Wirr-Warr meiner Körperkontrolle verlustig gehen, würde ich mir von Dir einen sanften Aufschlag erhoffen. Auch wenn ich Dich bis dahin oft getretten habe, es war in Guter Absicht.
Laß uns also Freunde werden, laß mich die 100 Runden schaffen, dann komme ich wohl auch nie wieder…. Bis zum 02.05
Zwischenbericht knapp eine Woche vor dem Start:
Gründonnerstag lag ich noch mal mit der Ultreuse T. aus H. auf der BauersTreppe. 15Runden. Am Ende kam besagte Ultreuse T. schneller die Treppen hoch als ich. Angespornt durch mein Keuchen erwähnte Sie, dass man einen Lauf auch absagen kann. Hah, andere vielleicht, aber ich doch nicht. Ich laufe doch weil es mir Spaß macht. Erneutes Hah. Hört sich das hier nach Spaß an? Auf den ersten Blick nicht, oder?
Wenn ich mich auf die 100 Runden festlegen würde, wenn ich meinen Körper zu den 100 Runden (oder dem Untergang) zwingen würde, dann, ja dann wäre es kein Spaß.
Aber wie bereits geschildert: ich habe Sub Ziele. Erreichbare Sub Ziele. Und mein maximales Ziel ist derzeit auch eher einmal auf den Kilimanscharo. Entspricht ca. 70 Runden. Aus heutiger Sicht, mit den Blankenese Erfahrungen immer noch ehrgeizig. Und noch ein kleiner Ausflug in die Monotonie. So ein Rundending wird schon fies. Insgesamt (alle Trainingseinheiten zusammengefasst) habe ich so ca. 125 Runden in Blankenese hingelegt. Die letzten davon aber schon mit reichlich: Oh nein, nicht schon wieder diese Treppe, im Kopf. Wie soll das im Wettkampf werden?
Ich denke zuerst einmal muss ich die Treppe ja kennenlernen. Ich war erst 11mal dort oben. Die eine oder andere Stufe ist mir daher noch nicht so richtig in Erinnerung. Hier kann ich bestimmt ein paar Runden mit dem persönlichen bekannt werden mit den Stufen verbringen. Das wird auch wichtig sein, denn vermutlich werde ich erstmal allein laufen. Die ersten Runden. Alle werden schneller sein als ich. Überrundet werde ich vermutlich erst nach ca. 40min. Oder doch schneller? Man wird sehen.
Wenn ich also alle Stufen persönlich kenne muss ich mich anders im Lauf erheitern. Da ich dann wieder Läufer um mich habe sollte ich mir interessante Kurz Dialoge für den Vorgang des Überholtwerdens ausdenken um mit dem Teilnehmerfeld in Kontakt zu treten. Vielleicht auch eine kleine Datenbank? Immerhin könnte sich so ein Dialog über Stunden hinziehen und meine Gesprächspartner kommen in unterschiedlicher zeitlicher Abfolge erneut an mir vorbei. Sich da jeweils zu merken was man dem einzelnen schon gesagt hat… puh. Das würde mich sicher vom Lauf ablenken. Ist aber zu komplex. Das steht mal fest.
Vermutlich ist es besser schweigend, langsam und keuchend die Treppe zu bewältigen. Eine nette Vermarktungsidee für mein Stöhnen auf der Treppe hatte ich schon. Ich werde ein Diktiergerät mitnehmen. Vielleicht kann ich den Mitschnitt als Synchronstöhnen für einen Porno vermarkten. Jede Stufe ein Stöhnen. Oben dann ein Jauchzen beim Kaffee… Erstmal eine Idee für die Refinanzierung der Startgebühr. Wir werden sehen.
So damit genug als kleines Update vor dem Start. Man sieht, noch kann ich lachen.
Dennoch ist die Erfahrung bei einem Lauf zu starten wo der Bauch sagt: „Das haut nicht hin“ eine neue Erfahrung in meinem Leben. Bisher war ich immer ein Fels des Optimismus. Das wird schon war meine Devise. Ist es auch jetzt. Aber mit einem zusätzlichen Wort: Das wird schon schiefgehen.
Versuch macht kluch. Ich werde es also probieren. Und mein Mantra bleibt: Ich schaffe das. Es klingt nur nicht so überzeugend. Auch nicht nach innen.
Und einer noch: Gefühlte Krankheiten in der Phase vor dem Lauf. Also ich hatte Fuß, ich hatte Hals, ich hatte Knie. Eigentlich hatte ich ALLES. Einzel und auch in Kombination. Ein Zwicken hier, ein Kratzen dort. Geräusche beim bewegen, beim atmen, beim nichts tun. Ich war ein Wrack. Hätte ich alle Beobachtungen notiert, es wäre wohl das neue Standardwerk der Hypochondrie entstanden. So hielt ich mit Placebos über Wasser und schrieb nichts auf.
Direkt vor dem Lauf:
1 Mai. Abflug in HH. Der Bistro Panzer ist ausgestattet mit Lebensmitteln für gefühlte 10 Jahre. Die Ladefläche hat mit Isomatte, Schlafsack und Deckenlampe 5Sterne Standard erreicht. Noch schnell in Berne den Ole eingesammelt. Die Strecke nach Dresden kennt der angespannte Fahrer und ab geht es in die Nacht. Die Eintönigkeit der Autobahn trainiert ein letztes Mal mental den Lauf.
Gegen Mitternacht schwebe ich in Radebeul ein. Noch ca. 30min mit dem Navi gekämpft (Fußgänger Modus führte uns zu Wegen durch die der Bistro Panzer nicht durfte. Und eine zweite Spitzhausstraße in Radebeul irritierte das Navi zusätzlich) Oben in der Nähe des Spitzhauses finden wir eine lauschige Wiese und ich ziehe die Handbremse an. Flugs die Klamotten vom Körper entfernen und in die Schlaftüte gemummelt. Noch 16Stunden.
2 Mai. Der Morgen graut. Frühstück aus den unerschöpflichen Vorräten. Kein Kaffee. Koffein kommt später. Wie schön, ich bin schon da. Kein Streß. Einfach noch mal hinlegen. Dösen. Die Vorbesprechung ist erst um 14:30. Viel Zeit. Die Augen werden schwer.
Vorbesprechung. Auf der Wiese direkt neben dem Schlafplatz. Herrlichste Sonne. Ja es ist heiß. War es schon den ganzen Tag. Viele Mitstreiter sind schon da und wir haben in praller Sonne viele Gespräche geführt. Der eine macht einen Spendenlauf. Der andere will seine Bestzeit verbessern. Ersttäter wie ich sind selten. Ole war immerhin schon dreimal erfolgreich. Ich erzähle von meinem 70 Runden Ziel. "Ach, Du kommst oben an. Nicht vorher schon weniger wollen". So und ähnlich sind die Reaktionen. Leute, redet nur. Ich weiß was ich kann und was nicht. Zurück zur Vorbesprechung. Es gibt eine Tüte. T-Shirt, Startnummer, Werbung.... das übliche. Auf der Treppe ist Rechtsverkehr. Runter rollen ist nicht erlaubt und wird mit Krankenhaus nicht unter 3 Monaten bestraft. Jetzt kennt man alle Starter, weil jeder namentlich gerufen wird und seine Tüte bekommt. Kleines Feld. Und man wird sich noch oft sehen. Auf der Treppe.
16:00 Kein Knall und das Rennen geht los. In meinem persönlichen Fall sieht es so aus, das ich in mildem Galopp die wenigen Meter bis zum Startpunkt der Treppe entlang hoppele. Dann geht es mit flotten Schritten bergab. Die kalten Muskeln freuen sich, denn dank der heißen Sonne sind sie zwar bewegungskalt aber entspannungswarm. Und sie halten die erste Runde aus. Unten ist die Treppe zu Ende. Was zu erwarten war. Es folgt eine abschüssige Straße. 150m bis zum Wendepunkt. Wenden. Bergauf. 5%? Kann sein. Ich gehe zurück zur Treppe. Links. Da ist Sie. Von unten länger als von oben. Ein Mysterium der Physik. Hoch. Nicht im Laufschritt. Nein, gemächlich. Schritt für Schritt. Aber schon zügig. 11 min. Die erste Runde. Jetzt einfach auf Replay drücken und zwar 99mal.
Die erste Runde zählte noch nicht so richtig. War ich doch eingebettet in all die anderen. Erst die zweite Runde zeigt etwas vom eigenen Tempo. Wieder um die 11min. Schneller als gedacht. Aber es fühlt sich nicht wirklich zu schnell an. Die anderen legen 7er Runden vor. Haben wohl am Sonntag noch ein Date und wollen schnell fertig werden. Ich öle wie ein Hamster in der Friteuse. Ich mag Wärme und so kann ich nicht sagen, dass ich leide. Aber die Sonne brennt schon arg und wenn man nicht affig viel trinkt wird hier schnell der Lauf zu Ende sein. Ich pendele mich auf eine Hand Salzstangen und einen Becher Cola oben und einen Becher Wasser am unteren Wendepunkt ein. 0,2 Liter alle 12min. 1 Liter pro Stunde. Das sollte dem Läufer auf der Warmhalteplatte des Weinbergs reichen.
17:00 Wow. 5 Runden sub 60min. Das ist schneller als ich Vorfeld dachte. Na mal sehen was das noch gibt. Auf alle Fälle läuft es rund. Nix zwickt mehr als vermutet. Und auch der Magen hat sich an das dauernde trinken gewöhnt. Nur die Hände werden dick. Aber dauernd mit erhobenen Händen laufen sieht auch bescheuert aus. Also Hände und Unterarme bei jeder Runde in die kalten-Wasser-Näpfe tunken und weiter laufen.
18:00 und ein bisschen. Ich habe 10 Runden in etwas über 2 Stunden geschafft. Noch mal Wow. War so nicht geplant. Aber ist es nicht oft so, es kommt anders als man denkt. Aber immerhin ist die Welt noch so wie ich Sie kenne, den ich werde langsamer. Aus den 11min sind mittlerweile 12:30 geworden. Gut so. Ermüdung kenne ich. So ist sie die Welt. Aber ich bin immer noch unter der notwendigen Runden Zeit von 14:24, denn nur die würde irgendwann mal die 100 Runden ermöglichen. Zum Glück war das ja nicht mein Ziel, denn innerhalb der nächsten 10 Runden sacke ich auf die 14:xx ab. Und die Tendenz ist fallend.
Immerhin laufe ich noch bzw. durch. Meine erste Pause lege ich nach 20 Runden ein. Dann eine nach 30, 35, 40, 45, 50, 55, 57, 60 Tendenz fallend. Aber noch sind wir bei den kleinen Rundenzahlen. Mittlerweile ist es dunkel. Der blöde Weinberg hält die Wärme lange nicht so gut wie ich gedacht habe und so kommt Schicht um Schicht hinzu. Am Ende laufe ich mit 2 Funktionsshirts, plus einer als „Winter“shirt bezeichneten langarm Funktionsangelegenheit und einer Regenjacke. Und selbst da ist mir noch kalt. Ich meine gehört zu haben wir hatten am Ende so um die 5 Grad. Morgens. Als die Kälte aus dem Elbtal den Hang empor kroch.
Irgendwann (nach 13:30std.) hatte ich dann 50 Runden. Marathon. 4424 Höhenmeter. Auch so lang kann ein Marathon dauern. Aber ich hatte ein Ziel erreicht. Spät. Aber erreicht. Man ahnt es schon, die Rundenzeiten vom Anfang hatte ich mittlerweile verdoppelt. Nicht weil ich die Treppe so spannend fand und mir mehr Zeit für die Analyse der Stufe nehmen wollte, nein einfach weil mehr nicht drin war.
Sicher habe ich auch Zeit vertrödelt. Z.B. als ich ein interessantes Kerbtier von der Stufe klaubte und es in das Gras setzte. Ein riesiger Schwarzer Käfer. Ihn wollte ich retten. Tausend seiner winzigeren Kollegen und Artverwandten habe ich nicht gerettet. Sie kamen mit der Kälte um sich auf den Stufen zu wärmen und fanden den Tod in den Ritzen von Mizumo, Addias und Asics. Ein Massensterben auf der Treppe.
Der Tot war eh ein ständiger Begleiter. Ein Katze die aussah als ob man Sie aus Resten zusammengesetzt hatte fing sich eine durch die Läufer Schar aufgescheuchte Maus. Und die jenigen Käfer, die Ihr heil in der Flucht ins Unterholz suchten wurden dort umgehend Beute der zahlreichen Igel.
Was passierte sonst noch so? Die Schar der Zuschauer nahm ab je später es wurde. Zwischen 4 und 6 war keiner mehr da. Was aber ein erstaunlich kleines Zeitfenster ist. Am unteren Ende der Treppe tauchten in den Morgenstunden dann wieder die sehr hübschen „Begleiterinnen“ auf. Sie haben die lokalen Starter mit einem wirklichen netten „Service“ bei Laune gehalten. Die untere Wendschleife sind die Mädels immer mit den Läufern mitgelaufen. So haben Sie auch einige Meter unter die Füße genommen. Einmal – es war schon wieder hell – kam eines der Mädel auf MICH zu als ich unten an der Treppe ankam. Mit einem strahlenden Lachen. Ich war nahezu zu Tränen gerührt. Selbige Tränen wären mir dann auch am liebsten ins Gesicht geschossen, als Sie dann zu dem Läufer hinter mir ging. Grummel. So eine Runde Begleitung hätte ich schon gern gehabt.
Hupsi. Kennt jemand den? Also er lohnt sich schon. Schon vor dem Start hat er mit seiner Ente auf dem Kopf den einen oder anderen Joke vom Stapel gelassen. Im Rennen hat er – so bis ca. Runde 20 – auch mit den Zuschauern rumgealbert und immer einen frechen Spruch auf den Lippen gehabt. Am Ende des Rennens hat er sich mit schmerzen Knien und leisen Tönen die Treppe hoch und runter geschleppt. Zäher Hund. Manch anderer hätte es in seinem Zustand einfach gelassen.
Fr. A. aus D. Die war eine Klasse für sich. Man stelle sich folgendes Bild vor: Ein Starter Feld. Menschen in Funktionsklamotten und Laufschuhen. Dazwischen eine kleine, zierliche Person. Spagetti-Träger-Shirt, Jeans und Wanderschuhe. Ich glaube keiner hat Ihr zehn Runden zugetraut. Aber wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen hat Sie Runde um Runde abgespult. Jede verfügbare Kalorie hat Sie in die Fortbewegung gesteckt. Kein Gesichtsmuskel zuckte, der Oberkörper gerade aus blickend… Manchmal hatte ich fast ein wenig Angst. Von dieser Stelle noch mal meine höchste Anerkennung, dass war einfach unglaublich.
Nochmal zu den Zuschauern. Unten an der Treppe steht ein Haus. Dort wohnen Menschen. Ältere und ein kleines Mädchen. Das Mädchen am Ende der Treppe. Bis auf eine für Vorschulkinder sehr kurze Schlafphase war das Mädchen am Ende der Treppe eine sichere Bank für Applaus. (Die Mutter übrigens auch). Applaudiert wurde zeitweise mittels einer Stoffschildkröte, was akustisch nicht so ausgereift war, mich aber an meine Zwerge erinnerte, die auch Schildkrötenkuscheltiere haben und die mal wieder ohne Ihren Papa auskommen mussten, weil der ein Date mit einer Treppe hatte.
Wo war ich stehengelieben? Eigentlich gar nicht. Ich lief ja. Die Treppe. Marathon war durch und ich hatte noch reichlich Zeit meine 20 Runden zu laufen, die mir noch zum Ziel von 70 Runden fehlten. Aber so leicht war es dann doch nicht. Ich war irgendwann bei 25min pro Runde. Es kam jetzt auch die Wärme zurück. Eigentlich ging es mir gut, aber wenn ich versuchte flotter die Treppe zu erklimmen, zeigte mir mein Kreislauf grenzen auf. Blieb ich im Kriechgang war der Kreislauf – im übrigen ja ein schönes Bild: Kreislauf, passt hier sehr gut – zufrieden. Also langsam den 70 Runden entgegen.
Anders als z.B. mein Begleiter Ole, kam ich mit dem Futter an der Strecke gut klar. Der eine oder andere hatte wohl – der Hitze wegen – zu sehr auf Obst und Getränk gesetzt und der Körper quittierte es mit einer Peristaltik Umkehr. Gut, das blieb mir erspart, kein Grummeln. Glück gehabt.
Ich hatte am Ende ein anderes mentales Problem: Hatte ich eine braune Bremsspur am Hintern? Bedingt durch oben beschriebene Nahrungsaufnahme hatte ich zwar kein Magengrummeln, aber der rückseitige Ausstoß an Treibgasen nahm deutlich zu (ich hoffe dieser Hilfsantrieb führt nicht noch nachträglich zur Disqualifikation). Zusammen mit dem allgegenwärtigen Schweiß beschlich mich zunehmend die Sorge ich könnte heckseitig undicht wirken. Nun hätte ich ja einfach mal Pause machen können und sie Sachlage durch eine Sichtung meines Beinkleides überprüfen können… hätte. Können. So läuft das aber nicht. Ich machte weiter und hatte für die letzten Runden ein Denkthema sicher.
Aber Gase waren in diesem Rennen eh oft dabei. Schweiß riecht ja angeblich nicht. Erst später wenn die Bakterien Hunger hatten, dann müffelt es. Also einige Bakterien hatten Hunger und bei dem einen oder anderen hatte ich im Vorbeilaufen durchaus das Gefühl er können in der Geruchswolke einfach die Treppe empor schweben. Leider hat das bei mir nicht funktioniert. Ich musste laufen.
Und das habe ich auch gemacht. 70 Runden . Wie geplant. (Nicht 100, deshalb die Überschricht zu diesem Bericht.) 21:30std. standen auf der Uhr. Einen winzigen, ach was sag ich einen hauch von einem Moment, habe ich überlegt bis zum erreichen der 24 Stunden weiterzulaufen. Aber dann sagte ich mir: Es ist warm, 70 war mein Ziel, da bin ich. Gut so. Fertig. Duschen und ab nach Hause. Gesagt getan. Um 23Uhr parkte ich den Bistro Panzer und fiel erschöpft in meine Heia.
Fazit:
Ein tolles Rennen. Auch wenn ich auf der Treppe dachte: Das machst Du definitiv nicht ein zweites Mal, so steht jetzt fast sicher fest: Doch das mache ich wieder.
So kleine Runden sind fies. Haben aber auch Ihren Reiz. Man sieht die Menschen immer wieder. Man redet kurz. Muntert sich auf. Mehr als jemals zuvor habe ich mich als Teil eines Teams gefühlt. Das war sehr schön. Ich habe viele nette Läufer kennengelernt. Das ist wirklich ein Vorteil so einer kleinen, familiären Veranstaltung. Allein deswegen muss man da mal hin. Also, irgendwer der nächstes mal von HH mitfahren will?
Nachtrag: So sieht der Lauf auf meiner Polar aus. Speed war nichtssagend, daher ist der nicht dabei. Oben Rot der Puls, unten braun die Höhe. Puls und Höhe der Treppe